Elisabethkirche
Elisabethkirche – das neue Corporate Design mit Auftritt im Internet
Zwischen September 2021 und März 2022 erarbeitete eine Arbeitsgruppe aus freiwilligen Mitgliedern der Kirchengemeinde der Elisabethkirche unter Leitung von Pfarrer Ulrich Hilzinger zusammen mit Diplom-Designer Christoph Luchs der Agentur Cogneus Design aus Marburg am neuen Erscheinungsbild und am Internetauftritt der Elisabethkirche.
Warum braucht die Elisabethkirche einen neuen Internetauftritt?
Die Elisabethkirche ist weit über die Stadtgrenzen hinweg bekannt. Touristen überrascht die herausragende Architektur, Pilger*innen und Geschichtsinteressierte folgen den Spuren der Heiligen Elisabeth, musikalische Bürgerinnen und Bürger erfreuen sich an Konzerten von Orgel und Chor und das Gebäude symbolisiert die enge Verbindung der Gemeinde untereinander.
Im 21. Jahrhundert informieren sich daher immer mehr Menschen online über Internetseiten und Soziale Medien. Dabei sind zwei Dinge besonders zu beobachten: die Kommunikation wird immer kurzlebiger und die Ansprüche an die Benutzerführung steigen! Der Wiedererkennung der Marke „Elisabethkirche“ kommt dabei eine zentrale Rolle zu. Der dafür geschaffene Internetauftritt hat seine Aufgabe zur Zufriedenheit aller über viele Jahre hinweg erfüllt. Mit der steigenden Zahl an komplexen Informationen verliert sich jedoch das Publikum schnell in Details oder findet einfach nicht mehr die gewünschte Information.
Neben der Informationsstruktur gibt es einen häufig unterschätzten Gesichtspunkt: der Zeitgeist. Junge Menschen fühlen sich rasch abgehängt, wenn Bilder klein, Texte lang oder Worte unzugänglich sind. Damit sinkt die Motivation, sich mit der Elisabethkirche und ihrer wertvollen Geschichte zu beschäftigen.
Dies gilt auch für gedruckte Medien: die Aufmerksamkeit, die einer Broschüre oder einem Faltblatt geschenkt wird, wird immer kostbarer. Grund genug also, sich in der Arbeitsgruppe über die Sichtweisen aller Interessierten an der Elisabethkirche auseinander zu setzen.
Workshops für Personas, User Stories und Informationsarchitektur
Die Arbeitsgruppe begann daher die Arbeit mit einem Perspektivwechsel: mit welcher Motivation kommen Besucher*innen auf die Elisabethkirche zu und was suchen sie konkret? Die Kreativmethode Personas hilft: anhand von beliebig gewählten Portraits Menschen allen Alters und Herkunft wurden kurze Geschichten entwickelt.
So sucht der 12-jährige Manuel für seine Mutter und sich eine Führung für Familien durch die Elisabethkirche. Ein Paar möchte in der Elisabethkirche getraut werden. Befreundete Ehepaare suchen auf ihrem Wochenend-Trip nach Marburg eine individuelle Führung durch die Kirche. Zwei Pilgerinnen suchen Informationen in englischer Sprache zu den Wirkungsstätten der Heiligen Elisabeth und Kontaktmöglichkeiten zu anderen Pilger*innen. Die Liste könnte fortgeführt werden.
Aus diesen Perspektiven heraus wurde untersucht, ob diese Personas über den bestehenden Internetaufritt ihr Ziel erreichen, und wie viele Klicks sie dazu benötigen. Das Ergebnis: sie finden ihr Ziel nicht und brauchen bis zu 7 Klicks. Das bedeutet: die Internetseite braucht in erster Linie eine neue Struktur.
Ausgehend von den drei Motivationen Glaube, Musik und Architektur wurden Begriffe entwickelt, die diese Motivationen direkt ansprechen sollen: Glaube feiern – Musik erleben – Kirchenraum entdecken. Diese Begriffe begrüßen nun zukünftig das Publikum über die Startseite!
Damit beginnt die Reise durch die neu geschaffene Struktur der Informationen. Dabei stehen vier Aspekte im Vordergrund: das Publikum hat jederzeit die Möglichkeit, aktuelle Veranstaltungen aufzurufen, unmittelbar mit verantwortlichen Personen in Kontakt zu treten, eine Anfrage zum Thema zu stellen oder die Suche zu verwenden.
Ist die Elisabethkirche nicht bereits eine Marke? Und warum braucht es ein Corporate Design?
Die Elisabethkirche – oder kurz „E-Kirche“ genannt – ist innerhalb von Marburg eine feste Größe und damit auch eine Marke. Denn eine Marke weißt auf Ort, Inhalt und Wert hin. Marken sind also nicht nur Wegweiser für den Konsum, sondern sie dienen als Metapher auch zur Orientierung in unserer Kommunikation.
Eine Marke allein macht noch keinen Sommer. Das Markenbild lebt heute von einer Vielzahl von Eigenschaften. Wird die Marke immer in derselben Art und Weise dargestellt? Welche Farben werden im Zusammenhang verwendet? Ist die Typografie konstant über alle Medien hinweg? Erinnert das Layout an das Erscheinungsbild? Gibt es zudem Töne oder Klänge, die markant für die Elisabethkirche stehen?
In der Überprüfung dieser Fragen anhand der Internetseite und einer Auswahl von Printmedien war klar, dass dies nicht der Fall ist. Eigentlich hat jedes Medium eine etwas andere Gestaltung erfahren. Alle grafischen Elemente weichen voneinander ab – bis auf das Signet und die Farbe! Somit war klar: die Marke der Elisabethkirche besteht grafisch aus der stilisierten Fassade und der dunkelroten Farbgebung.
Was ist ein Redesign? Und warum ist das komplexer, als ein neuer Entwurf?
Wie wirkt dieses Signet in dieser Farbe auf das Publikum? Um diese Frage zu klären, wurden einer Vielzahl an Testpersonen die Abbildung vorgelegt. Anhand eines Semantischen Differenzials sollten sie ankreuzen, welchen Eindruck sie haben. Hieraus entstand ein Gesamtbild mit starken Überschneidungen aller Meinungen. So wirkt das bisherige Erscheinungsbild auf das Testpersonen in erster Linie „groß, stark, klar, etwas ernst, ein wenig großzügig, stetig und etwas alt“.
Dies Ergebnis stellte die Arbeitsgruppe nur in Teilen zufrieden. Sie wünschte sich zukünftig ein Erscheinungsbild, das „etwas lauter, ein wenig heiterer, etwas wärmer und ein wenig jünger“ auftritt.
Der Wunsch der Arbeitsgruppe war klar. Doch wie lässt sich dies grafisch umsetzen? Muss das Signet gar neu entworfen werden? Die Lösung wurde mit einem Redesign beschritten. Ein Redesign ist die Überarbeitung eines bekannten Designs, das sich in einigen Punkten fest in das Gedächtnis der Öffentlichkeit gebrannt hat – nämlich über die stilisierte rote Fassade!
Ein Markenradar hilft auf die richtige Fährte
Hierzu entwickelte das Designteam von Cogneus das Markenradar: eine Messmethode, um die Prägnanz eines Erscheinungsbildes festzuhalten. 12 Elemente dienen zur Festlegung. Vom Signet über die Typografie, dem Layout, der Farbgebung, der Wortmarke sowie weiteren Punkten wurde bewertet, ob sich das bisherige Erscheinungsbild einheitlich oder gar prägnant darstellt.
Wie der Grafik zu entnehmen ist, fiel die Bewertung eher schwach aus, denn die Punkte von Typografie über Layout bis zur Wiedergabe der Marke selbst waren entweder bislang nicht festgelegt oder nicht einheitlich eingehalten worden.
Um ein prägnantes Markenbild zu erreichen, braucht es also eine Ausarbeitung dieser besonders schwach besetzten Elemente. Das Ziel: ein prägnanter Auftritt, der sich in allen Elementen ergänzt und sich zu einem Gesamtbild zusammenschließt.
Ein altes und neues Signet für die Elisabethkirche
Auch wenn die rote stilisierte Fassade bekannt ist: das bisherige Signet wirkt aus heutiger Sicht etwas grob, architektonisch ungenau und grafisch fehlerhaft. Mit behutsamer Hand wurden die Linien in mehreren Schritten nachgezeichnet, hier und da verjüngt, einiges ergänzt, architektonisch überprüft und stilistisch verfeinert.
Das gotische Ideal liegt in der Vertikalen. Alles strebt nach oben: die Architektur lenkt den Blick gen Himmel. Warum also nicht auch das Signet, die Typografie und das Layout?
Herausgekommen ist ein neues Signet, das nun die vertikalen Linien betont, markante Details der Fassade in adäquater Form wiedergibt und Feinheiten wie die Fenstereinfassungen erlaubt. Die Silhouette des Bauwerks wird betont durch die seitlichen Stufen der Strebepfeiler sowie die markanten zurückgesetzten Turmhelme und deren Fialen.
Doch drei Details ragen hervor: die Silhouette ergänzt nun der Dachreiter zwischen den Türmen des Westwerks. Das Portal steht mit beiden Flügeltüren offen. Und die Türme erscheinen leicht nach vorn versetzt, sodass ein räumlicher Eindruck entsteht.
Vertikale Typografie für die vertikale Architektur
Nach der Entwicklung des Signets wurde die nächste Designentscheidung getroffen: der Schriftzug Elisabethkirche erscheint vertikal neben der Kirche, um auch hier die Vertikale zu betonen. Der Schriftzug selbst setzt sich aus zwei verschiedenen Schriftschnitten zusammen. Die „Elisabeth“ wird in einem modernen Serifenfont wiedergegeben. Die „kirche“ hingegen erscheint in fetter serifenloser Schrift. Damit werden Herkunft und Moderne betont. Die zugrunde liegende Schriftfamilie zeichnet sich durch eine schmale Dickte und moderne Proportionen aus. Sie lässt sich sowohl auf Internetseiten als auch in Druckmedien hervorragend verwenden.
Doch nicht genug mit der Schriftgestaltung: Titelseiten werden durch eine vertikale Typografie ergänzt. Eine vertikale Linie nimmt die Achse in der Verlängerung der x-Höhe zur oberen Formatkante auf. Die Vertikale wird also zum Gestaltprinzip im Erscheinungsbild.
Auch farblich eine Renovierung
Das klassische Dunkelrot des Signets bleibt im neuen Entwurf erhalten. Es wird ergänzt durch ein Dunkelgrau. Beide Farben werden dabei in hellen Varianten abgestuft: so entsteht zum einen ein helles neutrales Grau zur Unterlegung von Flächen und zum anderen ein zartes Rosé, das nicht von ungefähr an die neue Innengestaltung des Kirchenraums mittels Farben auf Sandstein-Basis erinnert. Somit bleibt die grundlegende Farbgestaltung erhalten und wird in Details ergänzt. Dies funktioniert bestens bei der Gestaltung von Faltblättern wie auch auf der Internetseite!
Der Goldene Schnitt unterteilt alle Formate
Das Gesamtformat – von DIN-Formaten über Quadrate bis zum 16:9 von Bildschirmen – wird unterteilt durch das Gestaltprinzip des Goldenen Schnitts. Hierdurch ergeben sich Diagonalen, die markante Schnittpunkte bestimmen. Diese dienen zur Platzierung von Texten, Bildern und Grafiken.
Das Signet nimmt dabei die Hauptrolle ein. Die vertikale Achse aus Schriftzug und Linie bestimmt Titelseiten und Poster. Dieses Layoutraster funktioniert auch in Sozialen Netzwerken – Beiträge werden somit wiedererkennbar. Jeder Beitrag trägt die Bausteine des Corporate Designs in sich!
Der neue Internetauftritt
Jedes Erscheinungsbild ist nur so gut wie die Umsetzung in den Medien, denn hier zeigt sich, ob die Gestaltungsprinzipien wiedererkannt werden. Für die neue Internetseite bedeutet dies zum einen, dass sich das Layout der Startseite als mehrseitiger Slider darstellt: Glaube feiern – Musik erleben – Kirchenraum entdecken.
Alle drei Begriffe treten mit einer Vielzahl an Bildern auf, um das reichhaltige Angebot der Elisabethkirche darzustellen und auch junge Menschen anzusprechen.
Direkt unter den Begriffen werden dem Publikum drei weitere Optionen angeboten. So zeigt das Titelbild „Musik erleben“ die weiteren Verlinkungen „fördern“, „machen“ und „hören“. Damit ist sofort klar: Wer sich im Chor engagieren will, wird mit einem Klick zum gewünschten Inhalt gelangen! Wer hingegen ein Konzert mit Orgel oder Chor sucht, wird auf dem nächsten Button fündig.
Ähnlich verhält es sich mit den anderen Begriffen. Ergänzend zu diesem Slider mit den drei Hauptthemen gibt es natürlich auch den Reiter „Aktuelles“. Somit werden alle Nachrichten rund um die Elisabethkirche über die Startseite erreichbar. Diese schlichte aber geniale Startbildschirm vereint somit 12 direkte Einstiege in die umfangreichen Inhalte des Internetauftritts.
Dateivorlagen und Styleguide
Zur praktischen Anwendung des Erscheinungsbildes dient zum einen ein handlicher Styleguide. Das ist ein Handbuch, mit dem die Gestaltungsregeln beschrieben werden. Somit können alle, die für Gestaltungsaufgaben mit dem Signet und dem Design arbeiten müssen, praktische Anleitungen erfahren, ohne ein Studium des Designs aufnehmen zu müssen.
Zudem wird das Erscheinungsbild durch konkrete Dateivorlagen ergänzt: für moderne Grafik-Programme werden Dateien bereit gestellt, damit die Inhalte einfach direkt bearbeitet werden können.
Zukunftsmusik
Das neue Erscheinungsbild der Elisabethkirche bildet alle Elemente eines modernen Corporate Designs ab. Nach wissenschaftlichen Methoden wurde der Ausgangspunkt und das erreichte Ziel gemessen. Gestalterisch genügt das Design höchsten Ansprüchen, überfordert dabei aber die Menschen nicht, die nun mit dem Design arbeiten wollen
Noch nicht festgelegt wurden zwei Elemente des Markenradars: die Bewegung und die Akustik. Die Bewegung im Film oder digitalen Medien dient ebenso wie alle anderen Elemente der Markenbildung. Wie sich etwas bewegt und mit welchem Tempo, führt zur Wiedererkennung der Elisabethkirche. Möglich ist zum Beispiel eine Animation des Signets, aber auch ein generelles Animations-Schema ist vorstellbar.
Mithilfe von Musik oder prägnanten Tönen gelingt die Markenbildung auch akustisch. Dies ist besonders für Menschen von Vorteil, die visuell eingeschränkt sind und gern der Audio-Übertragung des Gottesdienstes folgen. Hier ist denkbar, für die Elisabethkirche eine Audiomarke zu entwickeln. Doch das ist noch Zukunftsmusik!