Was unterscheidet digitale Marken von analogen Geschäftskonzepten?
Im Vortrag „Digitale Markenentwicklung für Startups und Unternehmen“ präsentiere Grafik-Designer Christoph Luchs von Cogneus Design im Live-Vortrag an der TIG-Akademie in Gießen, wie digitale Marken gestaltet werden. Die Akademie ist angesiedelt am Technologie- und Innovationszentrum Gießen, kurz TIG. In Vorträgen für interessierte Unternehmerinnen und Unternehmer werden die Themen rund um das Gründen und Entwickeln von innovativen Geschäftsideen vermittelt. Aufgrund der Gegebenheiten der Corona-Pandemie fand der Vortrag online als Video-Konferenz statt, zu denen sich alle Interessierte einwählen konnten.
Tesla vs. Volkswagen – kann man sich die Werbung schenken?
Zu Beginn eröffnete Christoph Luchs seinen Vortrag mit einem aktuellen Beispiel aus der Wirtschaft. Die Unternehmen Volkswagen und Tesla konkurrieren im Bereich der Elektromobilität. Dabei investiert Volkswagen jährlich die Summe von 268 Millionen Euro für Werbung und Public Relations (Quelle: WirtschaftsWoche, Ausgabe 42/2020). Tesla dagegen hat sein Etat für PR komplett gestrichen. Die Verkaufszahlen geben Tesla zunächst Recht: es wurden 2019 mehr Elektromobile unter der Marke Tesla verkauft als von Volkswagen.
Ist dieses Konzept eine Blaupause für Startups? Nein! Hier hält der Multi-Milliardär und Tesla-Gründer Elon Musk es nicht für nötig, professionelle Werbung zu machen. Stattdessen zieht er es vor, via Twitter und Social Media mehr oder weniger professionelle Nachrichten zu verbreiten. Die Autos verkaufen sich seiner Meinung nach von selbst. Er folgt damit einem Trend, indem immer mehr große Unternehmen ihre eigene Realität inszenieren – wohlgeformte Kommunikation, die keinen Zweifel an der Perfektion der Marke lässt.
Vom Styleguide bis zu Social Media: digitale Marken leben von der Wiedererkennung.
Doch damit kann eine Marke Schaden nehmen – und das in den ersten Jahren ihrer Existenz! Denn zu einer robusten und krisenfesten Kommunikation gehört nicht nur eine professionelle Presseabteilung, sondern auch ein Markenauftritt, der den Anforderungen der modernen Medien gerecht wird. Dazu zählt, dass eine Marke für Social Media gerüstet ist – bis heute sind dies viele traditionellen Marken nicht. Ebenso zählt die Miniaturisierung der Wortbildmarke dazu. Ein Styleguide für Typografie, Proportionen, Farben und Bilderwelten rundet dieses Regelwerk ab.
Ziel eines Corporate Designs und Markenauftritts ist eine einheitliche Erscheinung und somit Wiedererkennung! Dies gelingt nicht, indem alle grafischen Elemente permanent auf allen Medien angezeigt werden. Vielmehr geht es darum, ein Gesamtbild zu entwerfen, das auf jedem Medium zitiert wird! Es gibt also permanent Hinweise auf das Gesamtbild. Diese Eindrücke festigen sich in der Marken-Kommunikation beim Publikum und die Marke wird wiedererkannt.
Werte und Ziele einer Marke wenden sich mittels Medien an das Publikum.
Nun geht es im zweiten Schritt darum, die festgelegten Werte und Ziele der Markenstrategie auch konsequent über dieses Corporate Design zu vermitteln. Dazu dienen die Medien anhand der Gestaltungs-Vorgaben. Wenn dies nicht einheitlich geschieht, wird der Eindruck verwässert, die Wiedererkennung wird erschwert, die Marke wird im schlimmsten Fall mit unterschiedlichen Werten und Botschaften überladen.
Die Entwicklung von digitalen Marken unterrichtet Christoph Luchs als Lehrbeauftragter des Studiengangs Social Media Systems der Technischen Hochschule Mittelhessen. Im Seminar Digitale Markenentwicklung erarbeiten die Studierenden in Gruppen eigene Geschäftskonzepte, Ziele und Kundenansprache. Daraufhin werden Wortmarken (Logos) und Bildmarken (Signets) entwickelt. Favoriten werden diskutiert und als Wortbildmarke ausgestaltet. Anschließend setzen die Studierenden den Markenauftritt in Form eines Styleguides sowie in diversen Medien um – von der Website, über die App bis zum Merchandising, Außenwerbung, Messeauftritt oder Shop-Konzept.
Checkliste und Designberatung für den eigenen Markenauftritt.
Einige Beispiele wurden im Vortrag gezeigt, um anschaulich zu vermitteln, wo es im Detail in der Markenentwicklung ankommt. Dabei reicht es nicht aus, Logos auf günstigem Wege zu kaufen oder zu ersteigern. Denn dies wird der eigenen Startup-Idee und der Qualität des Produkts nicht gerecht.
Abschließend stellte Christoph Luchs die rhetorische Frage, wo denn die Marken der Teilnehmenden stehen würden. Als Anhaltspunkt dient eine Checkliste, über die alle selbstständig überprüfen konnten, wie digital oder wie zukunftsfähig der eigene Markenauftritt bereits gestaltet ist – und wo die Lücken zu füllen sind.
„Marken sind Eichen, keine Pilze.“ – mit diesem Zitat von Jesse Meyer-Arndt schloss Christoph Luchs seinen Vortrag und wies darauf hin, dass die Markenentwicklung Geduld erfordert und viel Pflege, um eine dauerhafte und solide Basis zu schaffen. Im Anschluss wurden Fragen der Teilnehmenden beantwortet und auf weitere Veranstaltungen der TIG-Akademie hingewiesen. Unter anderem wurde die Frage gestellt, was denn ein Markenauftritt kostet? Hier verwies Christoph Luchs auf das Programm Designberatung des RKW Hessen, das eine entsprechende Förderung anbietet. Einen besonderen Dank gilt an dieser Stelle dem Organisationsteam des TIG Frau Antje Bienert und Herrn Maurice Jelinski.